Hand aufs Herz – Was ist uns eine qualitative und sichere Medikamentenversorgung wert?
Während die Zulassungs- und Aufsichtsbehörde Swissmedic jüngst ihr Bekenntnis zur qualitativen und sicheren Medikamentengrundversorgung bekräftigt hat, setzen die unverbesserliche santésuisse und der Preisüberwacher ihren Feldzug gegen Generika weiter fort. Deren Verhalten birgt nachhaltig grosse Gefahren für die Patientinnen und Patienten.
Dr. Lucas Schalch
Directeur général d'Intergenerika
Angesichts der unbestrittenen Notwendigkeit der Effizienzverbesserung im Schweizer Gesundheitswesen werden altbekannte und teilweise abenteuerliche bis unseriöse Lösungsvorschläge ins Feld geführt. Unter Dauerbeschuss sind dabei vor allem Generika und Biosimilars und deren angeblich zu hohen Preise. Als aktivste Generika-Basher bringen sich vor allem santésuisse-Direktorin Verena Nold und der Preisüberwacher Stefan Meierhans in Position. Doch suchen die teilweise fahrlässigen Äusserungen, die Frau Nold zum „Besten“ gibt, ihresgleichen.
So kritisiert sie in einem medinside.ch-Beitrag, dass Generika in der Schweiz doppelt soviel kosten würden als im Ausland. Dies sei nicht gerechtfertigt, da Medikamente aus der gleichen Fabrik in Indien oder Pakistan kämen, „egal, ob sie nun bei uns oder in Deutschland verkauft werden“. Mit dieser Aussage betreibt Frau Nold schieren Populismus, sind doch weder der Medikamentenmarkt noch das Gesundheitssystem der beiden Länder vergleichbar. Im Wettbewerb um die Zuteilung von Medikamenten hätte bei identischen Preisen die kleine Schweiz gegenüber Deutschland unweigerlich das Nachsehen. Zudem sollte Frau Nold besser vor ihrer eigenen Haustüre kehren, sind doch die gesamten Generika- und Biosimilars-Ausgaben nicht höher als die Verwaltungskosten der Krankenkassen!
Aber auch für den Preisüberwacher Stefan Meierhans sind die angeblich zu hohen Generika-Preise seit Jahren ein Dorn im Auge, wobei er richtigerweise erkennt, dass der Schweizer Markt gerade mal 1.5% des Weltmarktes ausmacht. Ungeachtet dieser Erkenntnis haut Meierhans in einem 20 Minuten-Beitrag wie eh und je in die gleiche Kerbe und fordert den Bundesrat unverhohlen auf, mittels direktem Auslandspreisvergleich die Generikapreise zu senken und stellt eine Milliarde Franken Sparpotenzial in Aussicht. Der Haken dabei – die dem Auslandpreisvergleich von santésuisse und Interpharma zugrundliegende Methodologie – ist höchst umstritten. Und – das Dilemma des Monsieur Prix liegt in seinem Auftrag: Er schaut nur auf den Preis und lässt die Faktoren Qualität und Versorgungssicherheit aussen vor. Und diese Unterlassung ist äusserst heikel, wenn es um Arzneimittel und damit um die Gesundheit von Menschen geht.
Generika und Biosimilars – Achillesferse der Medikamentengrundversorgung
Als notorische Generika-Kritiker sollten santésuisse und der Preisüberwacher die ihre teilweise hanebüchenen Forderungen zu Ende denken und überdenken, ob sie das Generika-Preisdumping und damit die Attacken auf die Achillesferse der Medikamentengrundversorgung weiterführen wollen. Was passiert, wenn die Preisschraube undifferenziert immer weiter und weiter nach unten gedreht wird, folgt einer einfachen marktwirtschaftlichen Logik: Sollten sich die Rahmenbedingungen aufgrund des Generika-Preisdumpings weiter verschlechtern, werden sich die Anbieter vom Schweizer Markt ruckzuck abwenden. Die Konsequenz: Die Lieferengpässe bei lebensnotwendigen Medikamenten werden sich weiter verschärfen. Die Leidtragenden von Lieferengpässen und -ausfällen sind die Patientinnen und Patienten.
Swissmedic – Hüterin der Versorgungsqualität
Zum Glück gibt es Akteure im Gesundheitswesen, welche die Situation differenzierter und profunder betrachten und sich für eine qualitative Arzneimittelversorgung stark machen. So hat die Arzneimittelbehörde Swissmedic in der neuesten Ausgabe ihres Newsletters Visible ein uneingeschränktes Bekenntnis zu ihrem Auftrag gegeben. Swissmedic bekennt sich darin ganz klar zur qualitativen und sicheren Medikamentenversorgung für die Schweiz und scheint bereit zu sein, immer mehr zu unternehmen, um diesen Ziel gerecht zu werden. Was leider ein wenig vergessen geht, ist dass diese Initiativen von Swissmedic Geld kosten und vollumfänglich von der Pharmaindustrie finanziert wird.
FAZIT: Generika und Biosimilars sind die zentralen Pfeiler der Medikamentengrundversorgung in der Schweiz. Wenn wir dem seit Jahren anhaltenden Druck auf deren Preise keinen Einhalt gebieten, drohen wir irreversibel in eine weiter verschärfte Versorgungssituation zu steuern, in der immer mehr Patientinnen und Patienten die Nichtverfügbarkeit von teilweise lebensnotwendigen Arzneimitteln zu spüren bekommen. Dieses Szenario vor Augen sollten Bund und Behörden endlich Farbe bekennen: Wollen wir weiterhin auf eine qualitative und sichere Medikamentenversorgung setzen oder nach dem Motto „Kostendämpfung heiligt alle Mittel“ Generika und Biosimilars dem vor allem für Patientinnen und Patienten ruinösen Preiskampf weiter aussetzen?